Meine Ausbildnerin an der Sexualpädagogischen Schule in Uster sagte einmal: Sexualität hat sich in der Menschheitsgeschichte nie erfolgreich unterdrücken lassen. Sie fand ihren Weg immer in irgendeiner Form nach aussen.
Nur: je mehr sie unterdrückt wurde, in umso abartigeren Formen trat sie dadurch auf.
Es gibt Orte und Länder in welchen sich ihr Satz leider in voller Konsequenz bewahrheitet.
Bei uns ist die sexuelle Aufklärung (von Erwachsenen, notabene) weiter. Wir geben uns in Mitteleuropa und in der Schweiz als aufgeschlossen und relativ offen der Sexualität gegenüber. Und doch sind wir noch ein gutes Stück von einer gesunden und lebendigen Sexualität entfernt. Es gibt meiner Beobachtung zufolge 3 wichtige Kern-Sexualitäten.
Liebes Sex:
Die Sexualität welche zwischen zwei sich liebenden Menschen entsteht. Wir kennen diese wunderschöne Sexualität hoffentlich alle. Frisch verliebt lässt man viele sexuelle Zügel los, verliert sich körperlich ineinander bis fast zur Symbiose und alles ist magisch beseelt. Bei einigen bleibt es so während ihrer ganzen Beziehung, andere gehen durch die Dynamik der Sexualbeziehung und erleben sich und die Partnerin oder den Partner als sich verändernde Wesen, was immer wieder auch Herausfordernd sein kann.
Fun Sex:
Alles ist im Konsens erlaubt, es geht um nichts als die Lust und das experimentieren mit allem möglichen was mit Sex zu tun hat, als Single oder in der Beziehung. Aufregend, Lustvoll, abenteuerlich und ein grosses und gutes Lernfeld für das Kennenlernen von sich selbst.
Heil Sex:
Diese Sexualität ist praktisch vergessen gegangen. Leider. Auch wenn alle Sexformen für die eigene sexuelle Entwicklung wichtig sind, ist Heil Sex, oder Sexual Healing die wichtigste Form von allen. Meine Entscheidung vor vielen Jahren, mit der Sexualität selbst an sexuellen Themen zu arbeiten hat mir Türen geöffnet, die ich nie für möglich gehalten habe. So wie das Körper ( ich habe mich von der männlichen Form ''der Körper' verabschiedet, weil Frauen einen einen weiblichen Körper haben. Um allen gerecht zu werden wähle ich 'das Körper') negative Traumata in sich tragen kann, so trägt es auch die Bereitschaft in sich positive Traumata anzulegen. Das Körper kann sich sich dadurch selbst heilen. So ist in jedem Trauma in sich auch schon Heilkraft verborgen! Es ist bekannt und oft nachgewiesen: Das Körper reagiert auf Berührung jeglicher Art. Umso mehr reagiert es auf sexuelle Energie, weil diese direkt mit der Lebensenergie verbunden ist. Was mehr beweist uns, dass wir nicht allein sind, als die Berührung? Was mehr beweist uns unser seelisches Sein, als die sexuelle Vereinigung? Und genau hierin liegt die Heilkraft der Sexualität.
Der Zugang zur Sexualität ist körperlich. Der Zugang zu den Gefühlen ist körperlich. Der Zugang zu sich selbst ist körperlich. Niemals lassen sich all diese Dinge theoretisch erklären oder mental verstehen. Sie sind nur im erleben fühlbar. Und es ist das Gefühl, welches unseren Körper lehrt. Nicht der Verstand. Dafür ist es der Verstand, der vom Körper lernt! Oder anders ausgedrückt: Unsere Glaubenssätze sitzen im Kopf, nicht im Körper.
Die wirkliche, tief bewusste sexuelle Vereinigung zwischen zwei Menschen löst immer Liebe, Entspannung, Geborgenheit und Wege der Selbsterkenntnis aus. Darüber hinaus heilt sie sehr oft Verletzungen und Leiden aus dem aktiven Leben, den Leben der Ahninnen und Ahnen und dem sexuellen Kollektiv unserer Gemeinschaft. Auch wenn wir uns oberflächlich vom Patriarchismus verabschiedet haben: Das patriarchale Vermächtnis, wie ich es nenne, der vergangenen tausenden von Jahren hallt in uns unbewusst nach. Die Heilung davon, für Frau wie Mann, findet sich im gegenseitigen echten zusammenkommen und Kennenlernen wie wir sind, wie wir wirken, wie wir atmen und wie wir leben.
Bis heute ist es für mich schwierig zu akzeptieren, dass die Liebe und Sexualität nicht vielmehr in therapeutischen Settings angewandt wird. Diese körperliche Distanz und Abgrenzung der Liebe in Therapien empfinde ich als schmerzliches Fehlen wichtiger und effektiver Heilkräfte.
Ich höre die Einwände: Die Gefahr sexueller Ausnützung von Menschen in Krisen durch Therapeuten und Therapeutinnen ist zu riskant, oder: die Erwartung, dass sich Therapeuten und Therapeutinnen von diesen Kräften nicht verführen lassen sei zu hoch gestellt.
Ist das so? Sind wir wirklich nicht so weit? Oder ist es nach wie vor nur die Angst vor der Kraft der Sexualität, was vor langer Zeit auch zu ihrer Unterdrückung führte? Darüber mehr im nächsten Blog.
Alles Liebe!
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